Die Gemäldegalerie der Schlossweinstuben

Mit der Eröffnung der Schlossweinstuben im September 1974 wurde das Aschaffenburger Schloß St. Johannisburg mit neuem geselligen Leben erfüllt. Es hat sich angeboten, gerade hier, wo man in gastlicher Atmosphäre Zeit und Muße zum Nachdenken hat, Porträts zu zeigen, auf denen die früheren Hausherren, vor allem die Mainzer Kurfürsten, dargestellt sind. Die Verwirklichung dieser Idee erwies sich allerdings als schwierig und langwierig. Beginnend mit Kardinal Albrecht von Brandenburg (1514) waren in der Galerie des Schlosses manche, aber längst nicht alle Würdenträger zu finden. Im kurfürstlichen Schloß in Mainz war das nicht anders und auch zusammengenommen fehlten immer noch einige Erzbischöfe, die es zu suchen galt. Wie etwa Sebastian von Heusenstamm und Georg Friedrich von Greiffenclau-Vollrads, von denen an den Wirkungsstätten des jeweiligen Geschlechts keine brauchbare Spur mehr entdeckt werden konnte. Schwierig war auch die „Fahndung“ nach Daniel Brendel von Homburg. Obwohl Daniel die Schlösser in Steinheim und in Höchst am Main hat erbauen lassen, ist er dort heute „unsichtbar“. Aber in Bad Homburg fand sich eine Darstellung aus alter Zeit. Die Recherchen ergaben, daß dieses Bild kaum zeitgenössisch dort entstanden sein kann, weil die Vorfahren des Kurfürsten schon lange ausgewandert waren und seine Eltern in Aschaffenburg lebten. Durch unsere Anfrage aufmerksam geworden, rätselte man im Bad Homburger Schloß, wie das historische Bild in die Bestände gelangt ist.
Einer der Mainzer Regenten, Johann Philipp von Schönborn, fand sich in der Würzburger Festung Marienberg, weil er auch Bischof von Würzburg war, bevor er zusätzlich noch zum Mainzer Kurfürsten gewählt wurde. Und schließlich konnten mit Hilfe der Dom- und Diözesanmuseums in Mainz die letzten Lücken in vertretbarer Weise geschlossen werden.Dort hatte man nämlich um die Jahrhundertwende, die damals auch schon fehlenden Kurfürsten nach alten zeitgenössischen Kupferstichen malen lassen.

Die bayerischen Könige als spätere Hausherren waren problemlos im Bild verfügbar und so wurde die Galerie nach und nach komplett. Zunächst fototechnisch aufbereitet, konnte die Porträtserie im März 2001 der Öffentlichkeit letztlich in Form von Gemäldekopien vorgestellt werden.

Eine Besonderheit ergab sich 2005, als das Museum von Versailles die Kopie eines Gemäldes genehmigte, das den Empfang von Kaiser Napoleon durch den Kurfürsten Dalberg 1806 vor dem Aschaffenburger Schloss zeigt. Dieses Bild war zwar bekannt - bislang in Aschaffenburg aber nicht zu sehen. 2010 konnte die Galerie durch ein weiteres, wenig bekanntes Gemälde ergänzt werden, auf dem das Kronprinzenpaar Ludwig und Therese 1819 ebenfalls vor dem Schloss dargestellt ist. Der bis dahin unbekannte Maler, F.T.Berg, konnte hier ermittelt werden, so dass die Familie Wittelsbach nun weiß, wer das Bild, das im Schloß Nymphenburg in den Privaträumen hängt, gefertigt hat. Das bislang letzte Fundstück kam, ebenfalls 2010, wiederum aus Versailles. Es zeigt die Hochzeit von Auguste Amalie, der Tochter des bayerischen Königs Maximilian I. mit Eugène Beauharnais, dem Adoptivsohn Napoleons, der die Nachfolge Dalbergs im Fürstentum Aschaffenburg antreten sollte. Auch Dalberg selbst, der die Hochzeit vollzieht, ist auf dem Gemälde zu sehen. Ein weitgehend unbekanntes Bild mit engstem Bezug zu unserer Stadt, das nun ebenfalls hier erstmals der Öffentlichkeit zugänglich ist.

Jedes Gemälde steht für eine Epoche der Stadt, zu der es Interessantes zu erzählen gibt. Bei einem "Höfischen Weingelage" oder einem "Kurfürstlich Maintzischen Mahl" können sie solchen Geschichten zuhören. Für den, der nur ganz für sich alleine den guten Frankenwein genießen möchte, gibt es bald eine kleine Broschüre, die zu jedem Gemälde von den Ereignissen der Zeit berichtet. Was sie auch vorziehen - auf jeden Fall kann der Reim von unserem "Hofdichter" Hermann Grimm lebendig werden, der da schrieb:

Johannisburg ! Der rote Stein
lädt gastlich zum Verweilen ein
Erlebt, die ihr beim Wein hier seid
ein Stück der guten alten Zeit

 

 

 

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