Die oben schon genannte Ausrichtung der Königshochzeit im Jahr 869 läßt darauf schließen, daß schon vor der Jahrtausendwende in Aschaffenburg eine Burganlage oder ein ansehnlicher Königshof bestand, in dem eine so bedeutende Feier, mit einer großen Zahl von Gästen ausgerichtet werden konnte. Es wird angenommen, daß sich diese Anlage auf dem Stiftsberg befand. Schon wenige Jahre, nachdem Aschaffenburg (982) in den Besitz von Kurmainz überging, beginnen dann konkrete Nachrichten über die Bautätigkeiten der Mainzer Regenten in unserer Stadt, als Erzbischof Willigis 989 die erste Mainbrücke errichten ließ. Im Jahr 1122 berichtet Abt Ekkehard von Aura über Befestigungsmaßnahmen des Erzbischofs Adalbert I. von Mainz, der mit Kaiser Heinrich V. im Streit lag. Auch hier war wohl nicht der Bereich des heutigen Schlosses betroffen, da es zu dieser Zeit noch abseits des besiedelten Gebietes lag. Stattdessen vermutet die Forschung die Wiederbefestigung der vorgenannten Burganlage auf dem Stiftsberg. Erst Erzbischof Siegfried II. (1200-1230) begann um 1220 mit der Errichtung des Vorgängerbaues unseres heutigen Schlosses und leitete damit die Entwicklung Aschaffenburgs zur Zweitresidenz der Mainzer Erzbischöfe ein. Auch der bis heute erhaltene Bergfried soll zu dieser Zeit entstanden sein. Im Jahr 1284 wird unter Kurfürst Werner von Eppstein die Burgkapelle eingeweiht. Im Laufe der Zeit wurde die Burganlage unter verschiedenen Erzbischöfen immer weiter vergrößert und ausgestattet. Ein Bild von der prachtvollen Anlage gibt uns die Zeichnung des Veit Hirschvogel. 1447 findet in der Burg unter dem Vorsitz des Erzbischofs ein Fürstentag statt. Einer der Teilnehmer ist als Gesandter Kaiser Friedrichs III., Enea Silvio de Piccolomini, der spätere Papst Pius II. (Bild unten) Der Aschaffenburger Archivdirektor Dr. Hans-Bernd Spieß hat interessante Reiseberichte zusammengetragen, in denen die Fürstenresidenz am Main erwähnt wird. Einen ersten Beleg gibt es 1495 von dem Nürnberger Geographen Hieronymus Münzer, der notierte, daß die Stadt vor allem wegen ihrer prächtigen Burg bekannt sei. 1538 schrieb der Dichter Simon Lemnius dann ein Lobgedicht auf die Burganlage in Aschaffenburg.


Enea Silvio de Piccolomini, der spätere Papst Pius II.
1447 als Gesandter Kaiser Friedrichs III. in Aschaffenburg


Burgskizze von Veit Hirschvogel um 1540 (Staatsbibliothek Bamberg)
hier phantasievoll koloriert

Im sogenannten Markgräflerkrieg wurde die alte Burg von den Truppen des protestantischen Markgraf Albrecht Alcibiades geplündert und niedergebrannt. Aber auch die Ruine machte noch Eindruck. So wird bei dem Besuch eines päpstlichen Diplomaten 1562 die „schöne Burg“ erwähnt, die durch den Markgrafen Albert zerstört worden sei. Die Empörung über die Zerstörung drückt die „Zimmersche Chronik“ aus, die 1564-66 geschrieben wurde. Dort heißt es über den Markgrafen „Zu Aschoffenburg hat er die herrlich alt reichskanzlei verbrennt, die nimmer mag widerum restaurirt werden, und schad, das der ursach halb ime sein schandlichs haupt nit ist mit eim britt abgestoßen worden.


Hinweis im 'Ridinger-Stich' auf 'das Alte Schlos' Ursache für Fehlspekulationen (siehe nachstehend)

Kurfürst Daniel Brendel von Homburg (1555-1582) der aus Aschaffenburg stammt, lässt einen Notbau errichten, damit er in seiner Heimatstadt weiterhin residieren kann. Auch aus dieser Zeit gibt es einen Reisebericht anlässlich des Besuches Herzogs Albrecht V. von Bayern. Mit Bezug auf die Übernachtung des Herzogs und seinem Gefolge heißt es „Alda ist ... jn dem Churfürstlichen Hof gelegen, ... das schloß, so durch Marggraf Albrechten abgeprendt worden, noch vnerpawet“ Dieser Gebäudekomplex an der heutigen Webergasse ist auf einem Kupferstich des Schlossbaumeisters Ridinger (1615) mit der Bezeichnung „Das Alte Schlos“ (siehe Bild oben) versehen. Durch diese Bemerkung vermutete man lange, daß hier die 1552 zerstörte Burg gestanden hätte. In einer kunstgeschichtlichen Dissertation über das Schloß wurde 1905 auch anhand der Zeichnung, die Veit Hirschvogel 1540 gefertigt hatte, nachgewiesen, daß die alte Burg an der Stelle des heutigen Schlosses gestanden hat.
Aktuelle Gewissheit über den ursprünglichen Standort gab es noch einmal 1982, als man bei Bauarbeiten im heutigen Schlosshof auf die alten Grundmauern stieß. Es war ein besonderes Erlebnis, bei dieser Gelegenheit in die Keller der alten Burg hinabsteigen zu können (siehe nachstehende Bilder).
Hans-Bernd Spieß nimmt an, daß mit dem Gesamtkomplex der Notschlossanlage ein so guter Zustand erreicht wurde, daß der pommersche Adelige Lupold von Wedel bei seinem Besuch 1593 das erzbischöfliche Hoflager und die große steinerne Brücke, nicht aber eine zerstörte Burg erwähnte.


Begehung der Burgkeller 1982

 

weiter mit : Kardinal Albrecht von Brandenburg (1515 - 1545)

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