Prinzregent Luitpold (1886-1912) *1821

Als dritter Sohn von König Ludwig I. hatte Prinz Luitpold unter normalen Umständen keine Chance, König zu werden. Das Schicksal seines Bruders Ludwig und die Krankheit des 6 Jahre älteren Ottos führten dazu, dass er mit 65 Jahren, also praktisch im Rentenalter, doch noch die Regentschaft in Bayern übernehmen sollte. 

Die offzielle Version der Ereignisse ist in einem Gutachten vom 8. Juni 1886 (Ludwig II. kam fünf Tage später ums Leben) dargestellt:
„…ergab sich nun für die Verantwortlichen Räte der Krone die unabweisbare Notwendigkeit, an seine Königliche Hoheit den Prinzen Luitpold, als nächsten Agnaten, die ehrfurchtsvolle Bitte zu stellen, in Hinblick auf die heiligsten Interessen des Königshauses, wie auf das Wohl der Staates und Landes von seinem durch die Verfassung vorgeschriebenen Rechte zur Regentschaftsübernahme Gebrauch zu machen, nachdem auch der zunächst zur Thronfolge berechtigte Bruder des Königs, Prinz Otto, seit lange schon einer unheilbaren Geisteskrankheit verfallen war.“

Der Weg in die Region Aschaffenburg führte Luitpold meist in den Spessart. Fast alljährlich kam er im November nach Rohrbrunn um von dort aus der Wildschweinjagd nachzugehen. Erst  gut zwei Jahre nach seinem Amtsantritt, am 17. September 1888, machte Luitpold seinen ersten offiziellen Besuch in der Stadt Aschaffenburg, wo er von Bürgermeister Medicus mit der folgenden Ansprache begrüßt wurde.  

Allerdurchlauchtigster Prinz und Regent
Allergnädigster Regent und Herr
Euerer Königlichen Hoheit den ersten Willkommensgruß aus jubelerfüllter Brust entgegenzubringen, haben sich die berufenen Vertreter der Stadt Aschaffenburg in diesem Saale (wieder mal der Königssaal des Bahnhofes – man wußte ja nie, ob der hohe Besuch nicht gleich wieder in den Zug einsteigt) festlich vereint. Seit Eurer Königlichen Hoheit gnädigstem Entschluß, unsere Stadt mit Allerhöchst ihrem Besuche zu beehren, unseren Mitbürgern zur Kunde gekommen, da waren Aller Herzen freudig erregt und je näher die lang und heiß ersehnte Stunde kam, die dieses Glück zur Verwirklichung bringen sollte, um so höher schlug in der Brust aller die Flamme ehrfurchtsvoller Begeisterung. Wenn auch die kleine, an den äußersten Marken des Reichs gelegene Stadt Aschaffenburg, entsprechend dem bescheidenen Range, den sie in der Reihe der bayerischen Städte einnimmt, nur mit bescheidenen äußeren Mitteln ihrer Festesfreude Ausdruck verleihen kann, wenn sie ihren Willkommensgruß auch nur in stammelnde Worte, ihre Liebe und Verehrung auch nur in schüchterne Zeichen kleiden kann – so sei uns dies kein Fehl.

Eure königliche Hoheit mögen gnädigst das Wenige was unsere Kräfte zum Willkomm zu bieten vermochten, in Huld entgegennehmen ! In unscheinbarem Gewande schlägt oft ein treuliebendes Herz. Und wenn es mir dem Vertreter der Stadt, gestattet ist der Bevölkerung Herz heute zu offenbaren, so kann ich es mit den Worten thun: Aschaffenburg, ob groß ob klein, ob alt und jung, ob arm ob reich, es jubelt in kindlicher Liebe, in Ehrfurcht und Treue heute seinem Herrn und Regenten entgegen, dem erhabenem Sproß des Hauses Wittelsbacher, dem erlauchten Sohne des großen Königs Ludwig I.

Eure königliche Hoheit wollen mir gnädigst gestatten, daß ich an dieser Stelle der Person des großen Bayernkönigs, dessen Erinnerungsfeier die Welt in diesem Jahre festlich begangen, in Liebe und Dankbarkeit gedenke. Schuldet ja doch die Stadt Aschaffenburg dem verewigten, der so oft und gern hier verweilte, für und für den innigsten Dank und diesen immer wieder, öffentlich und feierlich und heute vor seinem erlauchten Sohn zu wiederholden, ist unsere Pflicht.

Die Liebe und Verehrung, die wir dem großen Ludwig I. entgegengebracht haben, sie ging mit ihm nicht zu Grabe. Übertragen haben wir sie auf seine Söhne und Enkel und heute sei der Jubelruf, den wir hier in diesem Saale und Abertausende draußen in den Straßen erschallen lassen, Zeuge dafür, daß in unseren Herzen die Anhänglichkeit und Ergebenheit gegen das angestammte Herrscherhaus, die Lieb und Treue gegen den Vater des Vaterlandes, unserem geliebten Prinzregenten, den Schirmherrn des Reiches und der bürgerlichen Freiheit, noch gleich jubeln  und hell auflodern wie ehemals. Wissen wir doch, daß des Vaters Huld und gnädige Gesinnung gegen die Stadt Aschaffenburg auch im Herzen des erlauchten Sohnes eine Stätte gefunden hat, und daß die Liebe und Treue, die wir heute aus übervollem Herzen darbringen, gnädig und huldvoll entgegengenommen wird.

So bitten wir denn Eure Königliche Hoheit einzuziehen in unsere Stadt. Erwartend harrt das Volk des Augenblicks, der ihm den geliebten Herrscher zeigen soll. Bevor aber die Willkommrufe draußen brausend erschallen, lade ich Sie, meine geehrtesten Herren, ergebenst ein, unsere Treue und Ergebenheit zu versichern und zu bezeugen, den Dank für die hohe Gnade des Allerhöchsten Besuches zu erstatten, indem Sie mit mir aus ganzem Herzen einstimmen in den Ruf: Se. Königliche Hoheit Prinz-Regent Luitpold, des Königreiches Bayern Verweser, lebe hoch, hoch, hoch!

Heute schwer zu ertragen – damals wohl normal – Luitpold soll gerührt gewesen sein !

Seine Antwort- zum Glück sachlicher und kürzer:
Ich danke für den warmen und herzlichen Empfang. Sie erwähnten die Treue und Anhänglichkeit der Stadt Aschaffenburg, die ich ja seit meiner Kindheit kenne. Ich bin gern nach Aschaffenburg gekommen und bin überzeugt von der Treue und der herzlichen Sympathie der Stadt, in welcher ich Mich stets zuhause fühle. Ich glaube sicher, diese Überzeugung auch jetzt zu finden, wo ich mich zum ersten Male für eine längere Zeit hier aufhalte. Nochmals meinen Dank für Ihre herzliche Begrüßung.

Es gab wie bei den Regenten zuvor wieder eine Triumphfahrt zum Schloß, der Bezirgerichtsrat verfaßte ein Gedicht das in der Aschaffenburger Zeitung abgedruckt ist. Die erste Strophe lautet: 

Sei herzlich heute und willkommen
Erhabner Fürst im Bayernland
Wir grüßen Dich, der Du gekommen
In Deine Stadt am Mainestarand

Der Tag endete mit einer Rundfahrt im Vierergespann durch die erleuchtete und geschmückte Stadt
Die Aschaffenburger Zeitung schreibt darüber mit Begeisterung:

„Wie mit flüssigem Golde übergossen, ragte die stolze Fassade des Schlosses empor und in rothglühende Fluthwellen gehüllt, erschien das Pompejanum in seiner klassischen Form. Die Fronten der an den Schloßplatz angrenzenden Häuser waren mit bengalischem Feuer erleuchtet und rechts der Brücke ragten die alterthümlichen Giebel der Fischergasse wie übereinandergestapelt hervor, von rothem Feuer beleuchtet. Im Untergrund anber glühte das Gehölz in grünem Gruppenfeuer, und bot die herrlichste Staffage zu dem oberen Gebäude…… Es war ein Bild, das, von der Natur schon in reichem Maße begünstigt, entzückend auf den Beschauer wirkte und leise rauschte der alte Main sein Lied dazu."

Am nächsten Tag besichtigt  Luitpold die die Stiftskirche und den Park Schönbusch, bedankt sich handschriftlich bei Bürgermeister Medicus und verläßt dann die Stadt. 

Am 6. Dezember 1895 unternimmt Luitpold von Rohrbrunn aus – wo wieder die Wildschweinjagd angesagt war – einen Besuch in Aschaffenburg, um Brunnenmodelle zu besichtigen, die in der Markthalle in der Landingstraße aufgestellt waren.  Einer der Entwürfe soll Grundlage für ein Denkmal von Luitpolds Vater, Ludwig I. errichtet werden. 

Der „Ludwigsbrunnen“ wurde gebaut und Luitpold kam zur Enthüllung am 5. September 1897 wieder nach Aschaffenburg. Für die feierlichen Reden und die Berichte in der Aschaffenburger Zeitung ist hier kein Platz. Es soll nur die Antwort Luitpold auf die Rede von Bürgermeister Medicus wiedergegeben werden: 

"Als Sohn thut es mir doppelt wohl, das Andenken meines Vaters so geehrt zu finden. Um mich selbst knüpfen viele und frohe Erinnerungen an die Stadt Aschaffenburgh, in deren Mauern ich an der Seite meier Eltern in frohen und heiteren Jugendjahren verweilte. Ich sage darum herzlichen Dank für die Errichtung dieses Denkmals und bitte, es zu enthüllen.“

Bis 1969 stand das Denkmal zwischen der Weißenburger- und der Friedrichstraße mit Blick in die im Jahr der Brunneneinweihung so benannte Luitpoldstraße.

Nach der Enthüllungsfeier verlieh Luitpold an Bürgermeister Medicus den persönlichen Adelstitel – der ausführende Bauunternehmer Franz Woerner wurde zum Kommerzienrat ernannt. Am Abend gab es dann wieder Serenade und Fackelzug, das neue Brunnendenkmal erstrahlte in bengalischer Beleuchtung. Der nun schon 76jährige Luitpold verfolgt die Feierlichkeiten von einem Fenster des Schlosses aus, richtet Dankesworte an die dort Versammelten und verläßt die Stadt am nächsten Tag. 

Erst fünf Jahre später und im Zuge der Jagd im Spessart kommt Luitpold am 4. Dezember 1902 wieder nach Aschaffenburg, besichtigt mit seinem Jagdgefolge den Schloßgarten und das Pomejanum. Im Anschluß lädt er die Spitzen der Stadt zu einem Essen im Königssalon des Bahnhofes ein. 

Zu seinem letzten und auch dem längsten Aufenthalt reist der inzwischen 91-jährige Luitpold mit seiner Tochter Therese am 31. März 1912 nach Aschaffenburg – wohl auch, um sich von den Münchner Regierungsgeschäften zu erholen. Er wurde am Bahnhof von Bürgermeister Dr. Matt begrüßt. Als besondere Geste schwebt, mit einigen Aschaffenburgern an Bord, das Luftschiff „Victoria Luise“ über Aschaffenburg, um dem Regenten zu huldigen. Das technische Zeitalter hatte begonnen. In den zehn Tagen seines Aufenthaltes besuchte Luitpold viele Umlandgemeinden und widmete sich den Sorgen der Einwohner. Therese besucht unter anderem das Institut der englischen Fräuzlein und die Buntpapierfabrik. Sie ist technisch und naturwissenschaftlich interessiert und wird später Ehrenmitglied der bayerischen Akademie der Wissenschaften.

Am 10. April 1912 verläßt Prinzregent Luitpold Aschaffenburg. Die Aschaffenburg Zeitung schreibt hierzu:

Mögen dem 91-jährigen Landesherrn auch diese Aschaffenburger Tage aufs beste bekommen, die innigsten Wünsche begleiten ihn, der sich in unserem Herzen schon lange ein Denkmal der Liebe, der Treue und der Dankbarkeit gesetzt hat. Beim heutigen Abschied aber wollen wir dem allgeliebten Prinzen hoffend entgegenrufen: Auf baldiges Wiedersehen ! 

Zum diesem Wiedersehen kam es nicht mehr – Luitpold verstarb am 12. Dezember des gleichen Jahres in München. In Aschaffenburg erinnert eine Gedenktafel an der Sandkirche an ihn und seine Zeit.


Gedenktafel am Sandtor - angebracht im Mai 1915                            Gedenktafel heute - am Turm der Sandkirche
 


Urkunde vom März 1905 mit eigenhändiger Unterschrift des Prinzregenten


"Bereit zum Kampf für Volk und Vaterland" Telegrafenkompanie Aschaffenburg 1903 

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